Wer sie schon einmal in einer orthodoxen Kirche gesehen hat, war vielleicht
enttäuscht. Von Kerzenruß und Weihrauchdunst nachgedunkelt
hängen diese Bilder im Halbdunkel der Kirche, und oft kann man
kaum etwas darauf entdecken. Manche sind durch silberne oder goldene
Beschläge gepanzert, die nur Fenster für das Antlitz und die
Hände der geheiligten Figur freilassen. Davor verzehrt sich eine
kleine Kerze, die ein wenig Licht verteilt. Das gedämpfte Licht
erzeugt eine Atmosphäre der Abgeschlossenheit von der Außenwelt.
Im byzantinischen Reich, dem geistigen und geistlichen Ursprung der
Ostkirchen, spielte das Licht eine sehr bedeutende Rolle als Bestandteil
des religiösen Kultes. Wie der Gesichtssinn der erste der Sinne
war, so war das Licht das erste der Elemente. Warme, lebendige Flammen
von Öllampen und Kerzen erzeugten ein flackerndes Schattenspiel
und reflektierten leuchtendes Rot, Blau und das gleißende Gold
der Mosaiken und gemalten Ikonen. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen,
welche Faszination von einem solchen Lichtspiel ausgehen kann, vor allem,
wenn man bedenkt, dass die Leuchten wahrscheinlich mit bunten Glassteinen
bestückt waren. Dies diente dem Transport des Gläubigen in
eine andere, himmlische Sphäre und der Erzeugung von Ehrfurcht
und Ergriffenheit.
Ikonen (von griechisch eikon = Zeichen) sind die Kultbilder der orthodoxen
Ostkirchen. Innerhalb eines Kirchenraums sieht man sie in klarer Hierarchie
von unten nach oben gemäß ihrer Bedeutung in der Welt der
Heiligen angeordnet: die Abbildungen von Märtyrern, Heiligen, Engeln,
der Muttergottes und in der Kuppel thronend Jesus Christus. Viele der
Bildtafeln sind mit Blumen geschmückt, und in griechischen Kirchen
sieht man oft Öl und andere Geschenke, die ihnen dargebracht werden.
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