Chin benützte dann immer gerne den Vergleich, Tage
kommen und gehn wie Pferde über die Weide, wenn er sein Lamento
abschloss, Hier ist sowieso nichts los, aber du musst mich einladen,
ich bin gerade abgebrannt.
Das war der staubigste Sommer, dessen sich die Bewohner
von Reno erinnerten. Tagsüber brannten die Straßen und in
der Nacht flammten die Körper der rastlos Gewordenen. Chin
verlor seinen Job bei der Briefbeförderung, da er mehrmals im trunkenen
Zustand über der Sortieranlage eingeschlafen war und damit ein
tumbes Chaos angerichtet hatte. Jetzt hatte er mal wieder genug Zeit
für das, was er Leben nannte: Chin liebte Draftbier. Ließ
es sich immer mit Eiswürfeln in seiner Lieblingsbar servieren.
Eigentlich saß er nur am Tresen, beobachtete die Kundschaft und
rutschte lediglich zum Pinkelngehen vom Barhocker. Selten, dass man
da an der Bar ein richtiges Gespräch führte.
Wenn er sich erinnerte, saß auf dieser schäbigen Garnitur
neben ihm das Monster, seit er das erstemal die Bar aufgesucht hatte,
und da lagen zahllose Jobs und Sommer dazwischen. Das Monster war natürlich
keines, sie nannten ihn nur so, da er außer Rülpsern und
nach Fleischklopsen stinkenden Fürzen nichts von sich gab. Er schüttete
die Halfpints in sich hinein und wenn er vom Scheißhaus kam, lief
er zur Jukebox, schmiss ne Münze in den Schlitz und drückte
einen albernen Song, so in der Qualität ich will nen
Cowboy als Mann. God damn, der Song lief dann oft mehrmals
hintereinander oder auf jeden Fall mehrmals am Tag. Einmal beschwerten
sich die Jungs hey Hank, alle möglichen Platten hast du
schon in der Kiste gewechselt, nur dieses Tralalla nicht
Hank wischte die Zapfgarnitur und zuckte mit den Schultern. Es kam der
Tag, an dem der Platz des Monsters unbesetzt blieb. Chin fragte
den Mann hinterm Tresen: Hey, wo ist das Monster, denn dieses
gehörte zum Mobiliar von Hanks Draftshop wie die polierte Zapfanlage
hinter der Theke und das Regal mit den ausgewischten Gläsern.
Der Roomservice fand ihn heute Morgen auf seinem Motel-Zimmer, tot,
und ohne ein weiteres Wort marschierte Hank hinter seiner Theke vor,
schloss die Musiktruhe auf und nahm ein schwarzes Vinyl heraus und zerbrach
es in zwei Hälften. Es war sein Lieblingssong.
Chin trank noch sein Bier, so lange ers dort bezahlen konnte,
und kritzelte sinnlose Geschichten aufs Papier, wien Assessor
Zahlenkolonnen vorm Examen.
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