Frank Bröker
Ist das Leben durchs Schlüsselloch betrachtet sexy? (Ausschnitt)


Wir befinden uns in einer Seitenstraße der als „Reeperbahn“ in der Hansestadt Hamburg bekannt gewordenen Touristengangway im Stadtteil Sankt Pauli. Der abendliche Maihimmel wirkt trübe, Lyrikerbrummer möchten davon trinken; vom schalen Astra in kleinen, rot-weißen Dosen bekommen aber auch Lyrikerbrummer nichts als lecke Lyrikerbrummerkonfirmandenblasen.

Das von uns angesteuerte Etablissement nennt sich Laufhaus. Nicht Kauf, sondern Lauf soll Trumpf sein, ist aber glatt gelogen. Ein schwarzer Mann mit Klatsche gewährte uns, irgendwo aus der Magengegend grummelnd, Einlass.

Symbiotisch verschmolzen die Farben Rot und Rosa an den rauhfaserdurchtapezierten Wänden. Spiegel bezeugten, daß wir tatsächlich drin waren im Laufhaus. Im matten Nebelmaschinenmottenlicht erahnten wir menschliche DNS. Zumindest lief ein Fernseher vor der mit PVC-Belag bestückten Wendeltreppe nach oben. Jemand musste das Gerät angeschaltet haben. Wir waren gewiss nicht allein im Dunst des Scheuermittelgeruches der Firma Henkel, folgten kurz einem übermenschlichen Videoritual, in dem es fraulich darum ging, sich möglichst viel Gemüse vom Frischmarkt im wahrsten Sinne des Wortes einzuverleiben. Ein Ort voller Metaphern, dieses Laufhaus.

Naserümpfend, doch neugierig wie die Buschbrummer landeten wir in der zweiten Etage: rohes, weites Land, bestückt mit geschlossenen Plüschtüren. Da! Fette, schwarze Stuhlprobenanhaltspunkte direkt auf dem Einflug ins Ungewisse mit der Schlossnummer fünf. Kollegen, vermutlich auch Landtouristen? Einheimische Schmeißfliegen? Böse Brummer? Zuhälter und Zocker? Harte Jungs wie wir?

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