Erik van der Woude, Amsterdam
Sirs, … – Briefe aus dem Ausland


Editorial
Eckhard Martin – Cut up
Wolf Schreiber – syntax acut 1.0
Hess Paul – Klangwort
Florian Michnacs – Die elektronische Textverarbeitung
Sara von Jan – Sieben Scherben spiegeln Zeitbomben der Einsamkeit
Erik van der Woude – Sirs, …

Florian Michnacs – Ein Bleistesgitz.
b.ohne – Leben in Müllhalden
Larry Rottan – Der Poet und das Finanzamt
Hess Paul – Einmal muß ein Anfang gemacht werden
Alexander K. Weber – Hier wäscht sich wenigstens keiner die Hände

Editorial
Jörg Brixel – Sommer in Tsingtao
Gruß aus Schwarzort
Jörg Brixel – Lyrik
Oliver Görlach – Not Subtitled
Geheimes Deutschland


 

30 Minuten III
Dies ist der Sinn der Verkörperung: der Schauspieler und nicht länger der Wahrsager. Es war weder beabsichtigt, noch durch den Instinkt hervorgerufen, weder kaltblütig noch leidenschaftlich. Und doch schien es – einmal beschlossen – eine notwendige Tat: kein Verstoß gegen das Gebot.
Die Korrespondenz der kürzesten Zeit zu schaffen, die in diesem Augenblick hervortreten kann, mit der längsten Zeit, die man sich im Zusammenhang mit der Beschränkung vorstellen kann – das ganze als Aktualisierung der Geschehnisse ohne Vermischung in der Gegenwart, um den Augenblick um so intensiver zu machen, straff und unverzüglich, weil er eine unbegrenzte Zukunft in sich trägt und die unendliche Vergangenheit. Dies ist der Sinn der Verkörperung: der Schauspieler und nicht länger der Wahrsager. Das haben sie mir zumindest erzählt. Ich persönlich bin im Hyperschlaf, endlos unterteilt. Ich befinde mich jetzt in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Alle sind in horizontalen Strukturen organisiert (zivilisiert) oder in Pyramidenform (unzivilisiert). Haupttribüne: Das Dasein muss die Steigerung hinbekommen (Bonki der Superboss). Politik: Welthandelsbeschränkungen, l*tschen, Verhinderung von Überschwemmungen. Slogan: Stoppt übermäßige Ausgewogenheit. Ja, das ist richtig: Überlasst das Dasein der Scheiße. Niemals zuvor geschehen. Ich glaube. Glaube, dass sie ein Gemälde anschauen. Sie sehen das Bild, und die Wände sehen durch ihre Angelegenheiten.
Nun wenden wir uns wieder dem Aufbau unseres Experiments zu und erforschen die ganze Bandbreite zwischen zwei tatsächlichen Bildern des Oszilloskops. Ziehe zuerst von links nach rechts in einer Linie von A nach B das Anagramm deiner persönlichen Erscheinung. Stelle dir für das zweite Bild die Person vor, die in deinem Nacken sitzt. Sing das Lied des Kolibris und reibe sanft die Kehle. Bedenke und verzerre die Grafiken der beiden Bilder. L*tschen. Wenn das Geräusch durch einen Stoff hervordringt, vibrieren die Einzelteile des Stoffes. Menschen tun so etwas nicht. Wroarfleischisroh/Mord blitzte auf/Tue es in ein kleines Kästchen/Ich höre, dass du glaubst, ich sei ein schlechter Lehrer. Wie auch immer. Ich habe ein Auto in der Einfahrt stehen sehen (modern)

Der Abgrund mag schmal sein, aber er war nicht grundlos.

 

Zelda
Her hair‘s long auburn waves down to her heel
Flow‘d like an alpine torrent, which the sun
Dyes with his morning light, and would conceal
Her person if allow‘d at large to run;
And still they seem resentfully to feel
The silken fillet‘s curb, and sought to shun
Their bonds, whene‘er some zephyr, caught,       began
To offer his young pinion as her fan.

Her glossy hair was cluster‘d over a brow
Bright with intelligence, and fair and smooth;
Her eyebrow‘s shape was like the earial bow,
Her cheek all purple with the beam of youth
Mounting at times to a transparent glow,
As if her veins ran lightning: she, in sooth
Posses‘d an air and grace by no means common;
Her stature tall – I hate a dumpy woman.

In one who felt as once he felt,
This might, perhaps, have fann‘d the flame,
But now his heart no more will melts
Because that heart is not the same
Or, if it chance to wake again,
Not always doom‘d its heat to smother,
It sheds (so wayward fates ordain)
Its former warmth around another.


ew2001(c)hypersleep

 

 

Zelda

Die langen Wellen ihren kastanienbraunen Haares bewegen sich wie ein Sturzbach in den Bergen bis zu ihren Fesseln hinab. Die Sonne färbt sie mit Morgenlicht und würde ihnen, wenn es möglich wäre, erlauben weg zu laufen.
Und doch scheinen sie ärgerlich den Bogen des seidenen Haarreifens zu spüren und sich danach zu sehnen, sein Band zu sprengen, gerade als ein leichter Westwind, darin gefangen, ihnen seine jugendliche Schwinge als Fächer bietet.
Ihr schimmerndes Haar war über einer Stirn aufgetürmt, die Klugheit verhieß, schön und weich. Der Bogen ihrer Braue war wie des Himmels Rund, ihre Wangen rot vom Glühen der Jugend, das sich zu Zeiten in eine durchscheinende Glut verstärkte, als ob ihre Adern Blitze beheimateten. Sie besaß eine Ausstrahlung und einen Liebreiz, die niemals gewöhnlich sein konnten, ihre Gestalt schlank – ich hasse eine billige Frau.
In jemandem, der einst gefühlt, wie er sich fühlt, könnte dies vielleicht die Flamme angefacht haben. Doch nun wird sein Herz nicht mehr schmelzen. Weil dieses Herz nicht mehr dasselbe ist. Oder, wenn es noch einmal erwachen sollte, nicht für immer verdammt, seine Hitze zu ersticken, seine frühere Wärme um ein anderes vergösse – wenn es das launische Schicksal fügen sollte.


Übersetzung: Eckhard Martin

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