Alexander
K. Weber |
So etwas passiert in unserer Straße, ob man es glaubt oder nicht. Nicht oft, aber es passiert. Ein elektrischer Rollstuhl, die Art, die auch für den normalen Straßenverkehr zugelassen ist, fährt höchstens zwanzig Stundenkilometer. Bedenkt man, dass es sich bei der Fahrerin um eine behinderte alte Dame handelt, die sich selbst der moderaten Höchstgeschwindigkeit ihres Fortbewegungsmittels nur selten bedient, ist dieser Vorfall bedenkenswert. Zudem kennt man sie in der Gegend. Dreimal täglich kommt sie hier entlang. Ein Haarnetz auf dem ergrauten Kopf, ein ähnliches Netz an der Rückwand des Rollstuhls befestigt, fährt sie mit kaum zu ertragender Langsamkeit die Straße hinunter, um an dem zweiten Kiosk vier Flaschen Licher Pils zu kaufen. Warum sie nicht den näherliegenden Kiosk wählt, ist für niemanden hier ersichtlich. Wahrscheinlich ist nach dieser Geschichte jedoch, dass sie sich mit der Inhaberin nicht sonderlich gut versteht. Sie hat ja noch nicht einmal angehalten. Und ihr Blick ist doch immer so verstört, wie nach der eigentümlichen Kollision. Der schlaffe Mundwinkel, an dem so oft die Speichelfäden herabhängen, und das regungslose, faltige Gesicht verrieten weder Entsetzen noch hämische Freude oder stille Genugtuung. Mit der stoischen Verbissenheit eines nunmehr zum zweiten Male auferstandenen Ahab hält sie Kurs, den Steuerjoystick fest im Griff der ungelähmten Hand und schaut sich nicht einmal um. Im Gepäcknetz prangen vier frische Flaschen Bier. ( ) |