Sara von Jan
Sieben Scherben spiegeln Zeitbomben der Einsamkeit – Eine Rezension (Ausschitt)


Ohne Amok, so lautet der Titeldes im Oktober 2001 im Bench Press Publishing-Verlag erschienenen Kurzprosa-Bandes des in Gießen arbeitenden Literaten Hess Paul. Sieben Kurzgeschichten, die mit kühl-sinnlicher Sprachlust lähmende Einsamkeit entblättern. Sieben Scherben, die die isolierten Kosmen eines auktorialen Ich’s widerspiegeln, das in der eigenen Wirklichkeit zu überleben versucht. Die sprachlich beklemmenden Momente, in denen das Individuum Antworten auf die Einsamkeit sucht, machen das Ticken dieser menschlichen Zeitbomben um so klarer. Die Begegnungen mit einem realen Außen sind spärlich gesät und verlaufen sich zumeist im inneren Monolog des sprachlich aggressiven und autoaggressiven Erzählers. Es tickt und tickt … und tickt. Auf eine kathartische Explosion wartet der Leser vergeblich
Die Momentaufnahmen des in der Introspektive agierenden Subjekts gleichen einer existentialistischen Aufholjagd. Die Hess Paul’schen Subjekte sind in einem heidegger’schen Sinne in die Welt geworfen, gleichsam von einer fremden Macht gewaltsam in ihre Wirklichkeit platziert. Das Subjekt entwickelt sich nicht in Harmonie mit der Wirklichkeit, sondern bleibt Fremdkörper – zwei, die nicht zusammen passen wollen. Die Gefahr dieser innerlichen Erzählperspektive und der Konzentration auf die Vorgänge im Subjekt ist sicherlich die Tendenz zum Solipsismus, sprich zur Hirnwichserei, wären da nicht die spielerischen Brüche und ironischen Steigbügel für den Leser. Die paul’schen Erzählerfiguren verweilen eben nur für Momente in der Pose des unantastbaren Geistes der Geschichte, dem Verkünder der Wirklichkeit, bevor sie unaufhaltsam und selbstironisch in jedem einzelnen Text in der Petrischale landen und somit analysiert werden können wie eine Bakterienkultur.

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